Spiritualität – Via Cordis

Einübung der Meditation

Einübung der Meditation

© Barbara Bönecke-Siemers

Den Weg des Herzens gemeinsam gehen

Im Kloster Wennigsen wird seit knapp 20 Jahren christliche Meditation praktiziert, speziell das Herzensgebet. Die Geistliche Frauengemeinschaft des Klosters ist daran ausgerichtet. Die Kurse des Hauses für Stille und Begegnung beziehen diese Meditation in unterschiedlicher Intensität mit ein.

Einen spirituellen Weg zu gehen, kann zu einer Lebens-Aufgabe werden, die beglückende, erhebende und zutiefst befriedigende Zeiten ebenso kennt, wie Zweifel, Dunkelheit und Trockenzeiten. Da kann eine Weggemeinschaft Unterstützung bieten, ein tragfähiges Gefäß für die Aufs und Abs des seelischen Erlebens, für persönliche Krisen wie für die Herausforderungen der Zeit – für das „Gewoge“ wie es in einem alten Hymnus heißt, in dem ein Mensch sich immer wieder zurechtfinden muss. Und für die Phasen, in denen scheinbar nichts geschieht, kann eine Gemeinschaft den roten Faden der Übung halten, ein lebendiges Netz, in das sich der oder die Einzelne immer wieder einfädeln kann. Darin geschieht vielseitige Anregung, Ermutigung, gegenseitige Begleitung, Beten mit- und füreinander – und auch manches Lachen und Feiern...

Im Kloster Wennigsen sind in dieser Weise mehrere Gemeinschaften miteinander auf dem Weg des Herzensgebetes. Sie prägen das spirituelle Leben vor Ort, im inneren Kern als Geistliche Frauengemeinschaft und in verschiedenen Schulungsgruppen. Mehr als die Hälfte der Kurszeiten ist dieser kontemplativen Vertiefung gewidmet, die den Boden bereitet, um Gäste in Einkehrzeiten aufzunehmen und das Klosterleben zu gestalten.

„Gott ist in der Mitte – alles in uns schweige und sich innig vor ihm neige.“ (Gerhard Tersteegen)

Eigentlich könnte sich alles Weitere wie von selbst daraus ergeben... Doch so einfach scheint es für die meisten von uns nicht zu sein, so dass die alte Frage von Nikolaus von Flüe: „Was fördert mich, was hindert mich, mich auf Gott auszurichten?“ sinnvoll zur Selbsterforschung bleibt. Gerade Schwierigkeiten geben dem Weg individuelle Konturen und Tiefe. Sehnsucht ist wie der Treibstoff des Weges. Gelegentlich braucht es Hilfestellungen von Wegerfahrenen, um ungute Gewohnheiten, überlebte Einstellungen und Handlungsmuster zu überwinden. Ein Klärungs- und Reinigungsweg entsteht.

Dabei gibt es auch eine „Kunst“ zu lernen, eine Art altes Handwerkszeug des Gebetslebens, um das schon die Wüstenväter und Mütter in den ersten Jahrhunderten nach Christus wussten und das durchaus heutiger differenzierter psychologischer Betrachtung standhält (siehe zum Beispiel Daniel Hell, Die Sprache der Seele verstehen).

Das Herzensgebet wurde in der hesychastischen Tradition vor allem in der Ostkirche durch die Jahrhunderte praktiziert. Im Kloster Wennigsen, wie in der Via Cordis Weggemeinschaft, findet es im Üben in der Stille und in der inneren Wiederholung eines Herzenswortes eine kontemplative Prägung.
Das Herzensgebet kann die Anrufung des Namens Jesu Christi, eines Gottesnamens oder ein Wort oder einen Satz aus der Heiligen Schrift oder Liturgie beinhalten, eine Art Lieblings- oder Leitwort. Es bildet eine sehr persönliche Verbindung zum großen Geheimnis und kann zu einem Grundklang des Lebens werden.
Der Körper wird einbezogen, die Bewegung des Atems ist ein Mittel zur Sammlung und Beruhigung, in der „der Geist“ wach innerhalb einer „Stille“ bleibt: günstige Bedingung für das Wohnen Gottes im Menschen. „Atmen in Gott“ (Johannes Klimakos) ist das Erkennungszeichen für das Sein bei Gott. Das Sprechen einstellen, mit dem Herzen lauschend beten... So kann eine innere Ruhe-Stimmung entstehen und in der Folge erweiterte Wahrnehmungen: Verlebendigung in sich selbst und der ganzen Umgebung. Gelassenheit, Wachheit und Empfänglichkeit breiten sich aus, wenn etwas von der Hesychia, dem Frieden des Herzens geschenkt wird.
Vielleicht wird auch etwas vom Glanz Gottes sichtbar, der sich über die Dinge legt... Dass das innere Erleben eine gute Verbindung zum Alltag findet, gehört zum Reflektieren der Übungspraxis wesentlich dazu. Was bedeutet für mich achtsames Leben heute, welche ethischen Konsequenzen ziehe ich in kleinen mir möglichen Schritten?


Für Einblicke in die Übungspraxis des Herzensgebetes, besonders auch in der Via Cordis, ist als Lektüre empfehlenswert:

  • Andreas Ebert, Carol Lupu: Hesychia, Das Geheimnis des Herzensgebets, Claudius Verlag München 2012
  • Rüdiger Maschwitz: Das Herzensgebet, Die Fülle des Lebens entdecken, Kösel-Verlag München 2015

Gabriele-Verena Siemers